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Der Rum mit H – Rhum Agricole

Der Rum mit H – Rhum Agricole

Was ein einzelner Buchstabe nicht alles an- bzw. ausrichten kann! Fügt man den drei Buchstaben, die das Wort »Rum« gebilden, einen vierten hinzu, und zwar ein h, dann werden wohl die meisten Zeitgenossen augenblicklich das Wort »Ruhm« im Sinn haben. Hier geht es aber um »Rhum«, was wiederum zu Wortspielen einlädt, etwa zu dem nachfolgenden: Welcher »Rhum« hat denn bisher den größten »Ruhm« erlangt? Eine durchaus kurzweilige Frage, doch die Frage nach dem besten Rhum wird an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Vielmehr wird hier auf diese spezielle Art des Rums – gemeint ist der Rhum Agricole – näher eingegangen.

Die Geschichte des Rhum Agricole aus Martinique

Rhum Agricole wird, im Gegensatz zu dem gleichlautenden Getränk, das ohne h auskommt, aus frischem Zuckerrohrsaft gewonnen. Das geschah und geschieht vornehmlich auf Martinique, einer Insel, die zu den Kleinen Antillen gehört, jener »Inseln über dem Winde«, zu denen beispielsweise – um zwei der bekanntesten zu nennen – auch Barbados und Guadeloupe zu zählen sind. Letztere ist ebenso Teil der Europäischen Union wie Martinique, da beide Eilande Übersee-Départements Frankreichs und somit Teil der Grande Nation sind. Um es ein wenig auf die Spitze zu treiben: Sollte jemand behaupten, ein Rhum Agricole sei ein EU-Produkt, so mag das zwar im ersten Augenblick verwundern, ist aber im Kern keineswegs falsch.

Die Schreibweise »Rhum Agricole« stammt aus dem Französischen, was wiederum kein Wunder angesichts der Historie Martiniques ist, denn schließlich nahmen die Franzosen die Insel schon im Jahre 1664 in Besitz. In der Folgezeit versorgte Martinique ganz Frankreich mit Zucker und auch mit Rum, da hier, wie auf den anderen Inseln der Karibik, Rum aus Melasse entsteht, jenem Nebenprodukt, das bei der Zuckerherstellung anfällt.

Doch dann bedeutete das Jahr 1801 einen tiefen Einschnitt in den Zucker-Export, denn in jenem Jahr nahm in Europa die erste Zuckerfabrik ihre Arbeit auf – die Alte Welt hatte herausgefunden, wie sich aus einer bestimmten Rübensorte Zucker gewinnen lässt. Die Folge: Nach wenigen Jahren tendierte die Nachfrage nach Zucker aus der Karibik gegen Null. Demnach blieb man auch auf Martinique auf dem Zuckerrohr sitzen. Und weil nun kein Zucker mehr produziert wurde, stand auch keine Melasse für die Herstellung von Rum zur Verfügung. Aus dieser Not wurde eine Tugend: Ein halbwegs bekanntes Verfahren zur Rum-Herstellung wurde zur »Serienreife« entwickelt. Dieses Verfahren war bis dato von ein paar Schwarzbrennern angewandt worden, die Rum aus frischem Zuckerrohrsaft destillierten. Es waren in erster Linie die Plantagenbesitzer Neisson, Depaz und vor allem Homère Clément (deren Marken übrigens auch heute noch existieren), die zu Begründern einer neuen Rumkultur, Pardon: Rhumkultur, wurden: Der Rhum Agricole war geboren – und er kam an: Die bislang nicht gekannte Variante des Rums wurde immer beliebter und besonders in Frankreich viel getrunken. So trinken die Franzosen mehr Rhum Agricole als Cognac.

Qualitätsmerkmale des Rhum Agricole

Da in Frankreich nahezu alles, was mit Essen und Trinken zu tun hat, nach einer gesetzlichen Klassifizierung verlangt, hat sich eine ›AOC‹- Regelung schließlich auch dem Rhum Agricole angenommen. Das geschah 1996. Diese ›Appellation d’Origine Contrôlée‹ verlangt eine Reihe von Prozessen und hat Vorschriften festgelegt, die vom Hersteller strikt zu befolgen sind, wenn er denn seine Produkte durch jenes Qualitätsmerkmal dem kulinarischen Adel zuführen möchte:

• Der Rhum muß aus frischem Zuckerrohrsaft destilliert werden.
• Es sind nur dreiundzwanzig Regionen auf Martinique für den Anbau des Zuckerrohrs zugelassen.
• Die Ernte muss zwischen dem 1. Januar und dem 31. August stattfinden.
• Die Fermentation darf in offenen Getränks nicht länger als 72 Stunden dauern, und zwar bei exakt 38,5 Grad Celsius.
• Der Alkoholgehalt eines Rhum Agricole darf nach der Fermentation nicht unter 3,5 Volumprozent liegen.
• Die Destillation muss in Einzelsäulen erfolgen, die mindestens fünf, maximal jedoch nur neun Kupferplatten enthalten dürfen.
• Es müssen zwischen 65 und 75 Volumprozent ausdestilliert werden (wobei hier der Alkoholgehalt des fertigen Destillats gemeint ist).
• Der Rhum muss anschließend mindestens drei Monate lagern, bevor er nicht unter 40 Volumprozent abgefüllt werden darf.
• Ein ›Vieux‹ muss mindestens drei Jahre im Fass reifen, und das wiederum darf nicht mehr als 650 Liter fassen.

Wer sich an diese strenge Prozedur hält, darf seine Flaschen schließlich mit dem Gütezeichen ›AOC‹ schmücken.

Natürlich gibt es auch Destillerien auf Martinique, die Rhum Agricoles produzieren, die nicht mit dem verkaufsfördernden ›AOC‹-Etikett werben können. Das geschieht vor allem im Hinblick auf eine gewisse Flexibilität, um somit auf Änderungen des Konsumverhaltens gezielt reagieren zu können, aber auch, um dem einen und anderen Experiment den nötigen Raum zu geben. Wie dem auch sei, so ist allen Rhum Agricoles eines gemeinsam: Sie werden aus frischem Zuckerrohr hergestellt. Dabei entstehen Destillate, die oftmals frischer und fruchtiger sind als herkömmliche Rums, während gelagerte Varianten durchaus an Cognac erinnern.

Das Rezept für den Rhum-Sommer-Cocktail TiPunch

Ein Cocktail, der auf Martinique vor, zum und nach dem Essen getrunken wird, ist der TiPunch. Er ist einfach zuzubereiten und vor allem für den Sommer, der ja hoffentlich bald vor der Tür steht, ein erfrischender Begleiter. Man benötigt einen weißen Rhum Agricole, frische Limetten und feinen Zucker oder Rohrzuckersirup.

5-6 cl Rhum werden mit dem Saft von 2 Limettenachteln und 1-2 Löffel Zucker verrührt. Auf Martinique geschieht das meist ohne die Zugabe von Eis, ich bevorzuge allerdings die Variante mit Eiswürfeln. Das tolle dabei, man kann ihn ganz nach den eigenen Vorlieben gestalten, mehr süß, mehr sauer oder auch mehr Rhum. Oftmals bekommt man einfach eine Flasche Rhum, Zucker und Limetten gereicht und jeder macht sich seine Mischung selber, Karibik eben!

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Der Autor

Gastbeitrag von Dirk Becker, Mitglied des ›International Rum Expert Panels‹ und Deutschlands Rum Botschafter. Er betreibt den ›Rumclub‹ in Berlin und den ›Rumclub Blog‹, schreibt für Magazine und berät gastronomische Einrichtungen.

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