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Hotel-Knigge: Carsten Colmorgen vom Sofitel Berlin im Interview

Hotel-Knigge: Carsten Colmorgen vom Sofitel Berlin im Interview

Welche Knigge- und Benimmregeln gelten für Hotelgäste? Carsten Colmorgen, General Manager des Luxushotels Sofitel Berlin Kurfürstendamm, leistet im Interview mit dem Gentleman-Blog Aufklärungsarbeit und erzählt nebenbei Anekdoten aus seinen langjährigen Erfahrungen im Hotelwesen über extravagante Kundenwünsche, verwüstete Hotelzimmer und umgängliche Hollywood-Stars.

Guter Service ist wunderbar. Doch wenn jemand meinen Koffer tragen muss, ist mir das unangenehm. Verstößt es gegen Knigge-Regeln, wenn man auf bestimmte Services verzichtet?

Natürlich nicht. Ich persönlich trage meine Koffer auch lieber selbst. Bei uns im Hotel handhaben wir es so, dass wir den Gast genau ein mal fragen, ob wir ihm das Gepäck abnehmen sollen. Wird das bejaht, kommen wir dem gerne nach. Ansonsten steht es dem Gast frei, es selbst zu tragen. Da gibt es also kein Do oder Don´t.

In amerikanischen Filmen sieht man ständig, wie die Gäste dem Hotelpersonal als Trinkgeld Dollar-Scheine überreichen.

Im Servicebereich in den USA ist das Grundgehalt oft sehr niedrig, da leben viele Menschen quasi vom Trinkgeld. Bei uns im Hotel sind die Gehälter so kalkuliert, dass die Mitarbeiter nicht auf Trinkgeld angewiesen ist. Nichtsdestotrotz dürfen Gäste dem Hotel Staff gerne Trinkgeld überreichen, wenn sie mit dem Service zufrieden sind. Ein bis fünf Euro für den Pagen sind bei einer Dienstleistung wie dem Koffer tragen völlig angemessen.

Wie steht es mit dem Trinkgeld für die Reinigungskräfte?

Der Job ist hart, von daher ist es eine nette Geste, wenn die Gäste auf diesem Wege für den Service erkenntlich zeigen. Grundsätzlich steht es natürlich auch hier jedem Gast frei, Trinkgeld zu geben – oder eben nicht. Die Reinigungskräfte dürfen allerdings nur das Geld annehmen, das vom Gast aufs Bett gelegt wird. Damit signalisiert er, dass es sich um Trinkgeld handelt.

Gibt man dem Personal in einem 5-Sterne-Hotel eigentlich eher und mehr Trinkgeld als beispielsweise in Mittelklassehotel?

In allen Hotelkategorien gibt es Ausnahmen, die oftmals überraschend sind – sowohl positiv als auch negativ. Es ist eine Frage des persönliches Stils und auch der Erziehung, wie man mit Trinkgeld umgeht. Man kann aber davon ausgehen, dass in Luxushotels viele Gäste gern einen aufmerksamen Service mit Trinkgeld honorieren.

Wie sollte man sein Zimmer vor der Abreise hinterlassen?

Der Gast muss sein Zimmer nicht extra aufräumen, aber es macht es den Hotelmitarbeitern natürlich leichter, wenn er kein Chaos hinterlässt. Das wichtigste ist aber, dass es nicht verwüstet wird, sei es beispielsweise durch Brandlöcher im Teppich oder demolierte Einrichtungsgegenstände.

Wie oft kommt so etwas vor?

Zum Glück nur selten. Es steckt auch nicht immer gleich böse Absicht dahinter. Zum Beispiel ist ein Gast mal betrunken in der Dusche eingeschlafen und saß dabei mit seinem Allerwertesten auf dem Abfluss, sodass es eine riesige Überschwemmung gab.

Und wenn sie echte Rockstars zu Gast haben?

Anders als früher ist das heute unproblematisch. Damals waren Hotelzimmer verwüstende Rockstars kein Klischee. Nach dem Konzert wurde das Motto Sex, Drugs and Rock’n’Roll in vollen Zügen gelebt. Und so sahen die Hotelzimmer am nächsten Tag dann auch aus.

Apropos amouröse Abenteuer. Angenommen, ein Hotelgast lernt abends in einer Bar eine attraktive Dame kennen, die dann in seinem Zimmer übernachtet. Muss man den Besuch an der Rezeption anmelden?

Das ist nicht nötig, denn bei uns zahlt man für das Hotelzimmer, nicht für die Anzahl der Personen, die in dem Zimmer übernachten. Wenn morgens im Hotelrestaurant noch zusammen gegessen wird, kommt das Frühstück mit auf die Rechnung.

Wie gehen Sie mit Anfragen von Gästen um, die nach einem Escort-Service oder auch explizit nach einer Prostituierten fragen?

Da werden wir nicht aktiv, sondern empfehlen dem Gast, sich über das Internet selbst darum zu kümmern. Auch hier hat sich die Situation bei diesem Thema in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark gewandelt. In der Anfangszeit meiner Hotelkarriere vor rund 20 Jahren kam es zum Beispiel vor, dass diese Damen mit Billigung der Geschäftsleitung in der Hotelbar auf Kunden warteten.

Wie lautet Ihre grundsätzliche Philosophie im Umgang mit Ihren Gästen?

Generell wollen wir Partner unserer Gäste sein. Sie sollen sich wohlfühlen. Das ist unsere Aufgabe. Das heißt aber nicht, dass wir Diener unserer Gäste sein wollen oder uns als solche verstehen. Wir bewegen uns mit den Gästen auf Augenhöhe und begegnen ihnen dabei mit höchstem Respekt. Das dürfen meine Mitarbeiter umgekehrt aber auch von den Gästen verlangen. Ich akzeptiere es nicht, wenn ein Gast einen meiner Mitarbeiter anschreit oder gar handgreiflich wird.

Und wenn es doch mal Ärger gibt?

Das kommt zum Glück nur selten vor. In dem Fall muss man das Gespräch auf die neutrale Ebene lenken, die Emotionen rausnehmen und sich dem eigentlichen Problem des Gastes annehmen. Ein psychologischer Kniff ist es, zunächst den stellvertretenden Hoteldirektor hinzuzurufen. Wenn sich die Situation dann immer noch nicht entschärfen lässt, kann auf Wunsch des Gastes immer noch die nächsthöhere Instanz herbeigeholt werden. Das trägt dann häufig zur Deeskalation bei.

Wann ist es in Ordnung, als Gast auf Probleme hinzuweisen und sich zu beschweren?

Jederzeit. Aus dem unmittelbaren Feedback der Gäste kann und sollte das Hotel lernen, um den Service zu überprüfen und zu verbessern. Vielleicht kann man es nicht jedem Gast Recht machen, dennoch ist es unser erklärtes Ziel. Schließlich sollen sich die Gäste wohlfühlen und eine schöne Zeit bei uns haben. Die Gäste wissen es übrigens sehr zu schätzen, wenn man sich dann direkt um ihr Anliegen kümmert. So ist es für beide Seiten besser, als wenn der Gast unzufrieden das Haus verlässt und später missmutig auf Reiseportalen oder auf Facebook eine negative Hotelbewertung geschrieben wird.

Was für extravagante Kundenwünsche mussten sie bereits bedienen?

Einigen Männern fällt erst nach Ladenschluss ein, dass sie bis zum nächsten Tag noch ein Geburtstagsgeschenk für ihre Frau benötigen. Für den Fall haben wir die Privatnummern einiger Luxusläden, die ihr Geschäft dann noch einmal exklusiv für unseren Gast öffnen. Bei uns kehren zu den Filmfestivals wie der Berlinale auch viele Schauspieler ein. Da kommt es zum Beispiel vor, dass die Damen kurz vor ihrem Auftritt auf dem Roten Teppich vom Schneider noch eine Last-Minute-Änderung ihres Designerkleides benötigen.

Welcher Ihrer prominenten Gäste haben sich wie echte Lady und wie Gentleman verhalten?

Zwar gibt es immer mal eine Ausnahme, doch die meisten Stars sind pflegeleicht und sehr angenehme Gäste, auch wenn sie hin und wieder etwas mehr Aufmerksamkeit brauchen. Hervorgetan haben sich hier vor allem Halle Barry, Kate Winslet und Diane Krüger, die herzlich, bescheiden und sehr umgänglich waren. Das trifft ebenfalls auf Ralph Fiennes und George Clooney zu.

Darf man Hollywood-Stars ansprechen, wenn man diese in der Lobby oder im Fahrstuhl trifft?

Ich würde davon abraten. Prominente müssen aber immer damit rechnen, angesprochen zu werden. Als Fan gebietet es sich hier, höflich und diskret um ein Autogramm oder um ein gemeinsames Bild zu bitten. Wenn der Prominente einwilligt, ok, doch wenn er die Bitte ablehnt, sollte man das hinnehmen und die Privatsphäre respektieren.

Wie verhindern sie, dass Presse und Promijäger die Filmstars belästigen?

Stars wie George Clooney quartieren wir unter einem falschen Namen ein. Wenn also jemand beim Empfang anruft und mit ihm sprechen will, muss er den Fake-Namen kennen, ansonsten wird er nicht durchgestellt. Manche Stars suchen aber bewusst die Aufmerksamkeit der Presse. Hugh Grant hingegen wollte eigentlich Undercover sein, aber hat dann gegenüber vom Sofitel in der Kneipe Fußball geschaut, wo sich dann gleich eine Menschentraube um ihn gebildet hat. Da sind wir natürlich machtlos.

Lesen Sie auch:
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39 Regeln für den modernen Gentleman
Businesslunch: Geschäftsessen-Knigge

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Ein Kommentar

  1. Arne
    Feb 20, 2015

    Wäre mir viel zu blöd, einen Promi im fahrstuhl anzusprechen. Ist doch viel cooler, so zu tun, asl wäre nichts.

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