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Einkauf-Knigge – Von der seltenen Kunst des höflichen Shoppens

Einkauf-Knigge – Von der seltenen Kunst des höflichen Shoppens

An der Kasse lautstark telefonieren, den abendlichen Speiseplan erst an der Frischetheke diskutieren oder auch ein ausgewachsener Streit mit der besseren Hälfte – Verkäufer haben es nicht leicht. Doch darf sich der Kunde heute alles erlauben? Christoph Sauer hat sich für den Gentleman-Blog ein paar historische Benimmratgeber zur Hand genommen und erklärt, welche Töne man beim Einkaufen am besten anschlagen sollte.

Der gute Ton beim Shoppen

»Kaufen macht meist Vergnügen! Namentlich den Frauen. Sie sind glücklich, wenn sie stundenlang in Läden herumlaufen, sehen, suchen, wühlen und wählen können; Männer werden normalerweise müde davon, ärgerlich und müde. Frauen, die vom Kaufen kommen, sind glücklich und müde. Die armen Verkäufer sind natürlich auch müde, wenn auch nicht glücklich. Sehen Sie sich doch einmal so ein armes, blasses Ding an, das in der Weihnachtszeit Geschenkartikel verkauft! Die Mädel haben ihr Brot redlich verdient.« Soweit die Beobachtung von Kurt von Weissenfeld in seinem Band „Der moderne Knigge“ aus dem Jahr 1956.

Betrachtet man es genau, beginnt der gute Ton beim Einkaufen im Grunde schon in dem Moment, bevor man das Haus verlässt. So mahnt Gertrud Oheim nur zwei Jahre später in ihrem „Einmaleins des guten Tons“: »Schreibe dir auf, was du brauchst, und fange mit dem Überlegen nicht erst am Ladentisch an! Man kann dort seine Studien machen über die menschliche (vor allem die weibliche!) Unentschlossenheit und Langsamkeit!«

Weniger Redseligkeit, mehr Höflichkeit

Es ist kaum auszumalen, wie Frau Oheim beim Besuch eines Supermarkts anno 2016 die Gesichtszüge entgleiten würden: Da betritt eine Gruppe Schüler – in Whatsapp-Nachrichten auf dem Handy versunken – das Geschäft, am Kühlregal diskutiert ein Mann per Skype-Video minutenlang offenbar mit seiner Frau daheim den abendlichen Speiseplan und versperrt mit seinem Einkaufswagen anderen Kunden den Weg. Und am Fließband schließlich legt eine junge Frau ihre Waren ab, ohne die freundliche Kassiererin auch nur eines einzigen Blickes zu würdigen; stattdessen kramt sie nach ihrer EC-Karte – das Handy dabei ans mittlerweile heißtelefonierte Ohr festgeklemmt – und berichtet einer Freundin am anderen Ende der Leitung lauthals von dem ‚neuen süßen Kollegen im Büro‘, so dass die ganze Schlange hinter ihr unfreiwillig Zeuge wird. Wie man es besser, sprich ‚höflicher’ macht, bringt Gertrud Oheim so auf den Punkt: »Grüße freundlich, wenn du einen Laden betrittst und verläßt.«

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Der perfekte Kunde vs. der perfekte Verkäufer

Für den Autor Joachim Haller gibt es eine klare Definition des perfekten Kunden: »Er läßt die Verkäuferin auf keinen Fall sechsmal die Leiter hochsteigen und Fächer wie Schubladen ausräumen, um schließlich doch nichts zu kaufen. Er flirtet (sofern er männlich ist) nebenbei nicht mit der Verkäuferin. Er kauft möglichst so, daß er nicht umtauschen muß (es gibt auch Käufer, die sich aus dem Umtauschen geradezu ein Vergnügen und Hobby machen!).«

Aber auch von Seiten des Verkäufers ist Benimm gefragt: »Die angenehme Verkäuferin ist immer nett nicht aufdringlich gekleidet und frisiert und gibt sich keine Mühe, eine Filmschauspielerin zu imitieren. Sie mutet den Kunden nicht zu, es als besondere Auszeichnung zu empfinden, von ihr bedient zu werden. Sie bemüht sich, die Aufträge des Kunden möglichst genau zu erfüllen, was zumal in Lebensmittelgeschäften oft nicht geschieht. Die Kundin, die 500 Gramm Schweinslende verlangt, möchte nämlich 500 Gramm und nicht 550 (‚Dürfen es wohl 50 Gramm mehr sein?‘).«

Einkaufen ist reine Frauensache?

Erlauben wir uns noch einen kleinen Zeitsprung zurück, und zwar in das Jahr 1892 – H. Schramm merkt in seinem Ratgeber „Der Gute Ton“ an: »Die Einkäufe der täglichen Bedürfnisse des Haushaltes, wie aller sonstigen Dinge, deren die Familie benötigt, werden am besten von den erwachsenen weiblichen Mitgliedern derselben besorgt. Männer eignen sich weniger dazu und drängen sich auch selten danach, hierbei thätig mitzuwirken. Sie finden es natürlich, das Geld ins Haus zu bringen, während die Frauen bemüht sind, es dem Verkehre widerzugeben.«

Und weiter: »Der Beruf eines Verkäufers erfordert stählerne Nerven und viel Ausdauer, beides findet sich häufiger bei Männern, wie bei Frauen, weshalb ersteren in großen Geschäften auch immer der Vorzug gegeben wird. Das ist in mancher Hinsicht sehr zu bedauern; denn viele Zweige eignen sich weit mehr für Damen und wären ihnen eine sichere Erwerbsquelle. Auch bei besonders zarten Dingen, wie Spitzen, Blumen, duftigen Seidenstoffen u. dgl. ziehen wir Damenhände vor. Es sieht so seltsam aus, wenn Männer mit ihren großen, ungeschickten Fingern in solchen Sachen herumwühlen, und wir können den Verkäuferinnen nur die Versicherung geben, daß die Nachfrage nach ihnen in demselben Maße zunehmen wird, wie ihre Tüchtigkeit und Ausdauer.«

Fazit: Fassen wir zusammen und halten uns als Richtschnur für unsere nächste Shopping-Tour (egal ob online oder im Laden um die Ecke) an ein Wort von Gerda Richter aus ihrem Band „Gutes Benehmen Bedingung. Kleiner Wegweiser in ein leichteres Leben“ (1953): »Machen wir uns zum gern gesehenen Kunden! Es kann uns selbst nur nützlich sein. Im guten Geschäft sind die besten Kunden nicht die mit dem meisten Geld, sondern die, die am verständigsten und verständlichsten ihre Wünsche, Abneigungen und Überlegungen um den Preis der Ware zur Sprache bringen und sich an ihre Worte so korrekt halten wie der gute Geschäftsmann an seine.«

In diesem Sinne: Viel Freude beim nächsten Einkauf!

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Der Autor

Christoph SauerBeitrag von Christoph Sauer, Sänger, Songwriter und Wahl-Berliner mit Faible für die 20er Jahre. Ende 2014 erschien sein „Gentleman-Kalender 2015“. Der Titel seines Bühnenprogramms lautet „Der gute Ton. Überlebenshilfen von Knigge & Co“. Seine Homepage: www.christophsauer.info

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